How to think about Poker the right wayA closer look into the required mindsetDie Idee zu diesem Post kam mir vor einiger Zeit, doch auf Grund von Unpässlichkeiten in meiner Terminplanung und generell geringen Interesse am Thema Poker (fragt vitti), wurde das ganze, obwohl ich schon zu Beginn recht weit war, aufgeschoben. Aber jetzt hab ich wieder mehr Zeit und bin wieder (fragt vitti) und werde mich dementsprechend des Themas annehmen.
Inspiriert hat mich damals dazu eine Entwicklung, die ich durch gemacht hatte, eine Entwicklung als Pokerspieler. Schon vor dieser Entwicklung hatte ich sicher ein bisschen was auf dem Kasten, nur der wirkliche Durch- und Einblick kam erst mit dieser Entwicklung. Durch diese Entwicklung bin ich einerseits ein besserer Spieler geworden, andererseits habe ich die Tür aufgestoßen, um ein noch viel besserer Spieler zu werden. Ich denke, dass die Entwicklung an sich größer war, als notwendig gewesen wäre, um mir die Augen zu öffnen bzw. um dem durchschnittlichen Micro und Small Stakes Spieler (an den sich dieser Post am ehesten wendet) die Augen zu öffnen, aber gerade das hat mir auch ermöglicht auf die Entwicklung an sich zurückzuschauen und sie in Worte zu fassen.
Ich stelle nun mal eine These auf, für die mich viele wohl im ersten Moment hassen oder zu mindestens nicht mögen werden, aber egal. Ich will nicht um jeden Preis gemocht werden, sondern hier in erster Linie euch helfen. (Ok, ja, ich will auch meinen egoistisch-arroganten Drang nach Selbstverwirklichung ausleben und mich im Lichte meiner Veröffentlichung sonnen, aber das ist für euch ja nur nebensächlich von Interesse).
Also gut aufgepasst, hier kommt die These (die meiner Meinung nach wohl eher eine Wahrheit, denn eine These ist):
Das Gros der Poster dieses Forums weiß nicht, wie man richtig über Poker denkt.
Schocker! Was bildet der sich ein? Ich spiele so gut und solange! Auf den hör‘ ich sicher nicht mehr.
Wer das gedacht hat und aufgehört hat zu lesen, verpasst leider die Entschärfung der These und, vor allen Dingen, die Anleitung wie man es ändern kann.
Ich denke nicht, dass es schlimm ist, dass diese These zu trifft. Ich denke sogar, dass es völlig normal ist, dass man, im Zuge seiner Entwicklung als Pokerspieler, falsch über Poker nachdenkt. Wäre schön, wenn es nicht so wäre, aber in der Regel ist es nun mal so und es ist nicht weiter schlimm, weil diese falsche Denkweise in der Regel locker reicht um die Micro bis Small Stakes zu schlagen. Aber die wenigstens wollen wohl ewig dort verbleiben, daher ist eine Veränderung in den Gedanken unabdingbar, denn irgendwann sind Gegner so stark und flexibel, dass striktes Poker Einmaleins ausgedient hat und nicht mehr ausreicht, um die erforderlich oder gewünschte Winrate einzufahren.
Was ist denn nun eine falsche Denkweise?
Da gibt es verschiedene Ansätze, ein paar werde ich dafür hier Kund tun. Die andern werdet ihr selbst entdecken. Wenn ihr sie nicht entdeckt, bedeutet, dass am ehesten, dass ihr entweder noch nicht soweit seit oder einfach nicht der Typ dafür.
Als erstes möchte ich dazu gerne ein Beispiel aus der näheren Vergangenheit bringen und bediene mich unsere Mitgliedes Kwyjibo. Ich hoffe du bist mir nicht böse, aber das Thema passte so gut zu dem, was ich nun anschneiden werden, da musste ich es einfach bringen.
nl-haende-t1778,start,570.html
Im letzten Post sehen wir eine ganze Menge von Kwyjibos Händen und auf der folgenden Seite kommen einige Einwände über die Menge der Hände. Und diese Einwände kommen mit Recht. Ich finde solche Posts uninspiriert und habe daher wenig Lust mich damit zu beschäftigen, fühle mich fast schon ausgenutzt. Ein bisschen mehr Mühe darf’s schon sein, aber was ich viel schlimmer finde, ist die Tatsache, dass diese Posts für den Poster in der Regel nichts, aber auch gar nichts bringen.
???
Ok, ein bisschen bringen sie, aber nur ganz wenig. Und fast gar nichts im Bezug auf die wirkliche Weiterentwicklung als Pokerspieler. Wieso das? Weil…
… die Frage, die wir uns bei Hand Reviews stellen müssten, nicht die Was?-Frage ist, sondern die Warum?-Frage.
Der wahre Wert einer Analyse liegt nicht darin zu erfahren, was wir hätten tun sollen. Denn die Situation wird sich so kaum wiederholen und selbst ähnlich taucht sie eher selten auf und wenn, dann sind die Variablen doch wieder etwas anders, was das ganze wieder verdreht.
Die eigentliche Erkenntnis, die das ganze so verdammt wertvoll macht, ist die Frage, wie kommen wir denn zu dem Ergebnis was zu tun ist. In der Situation, in der wir eine Hand posten, sind wir in der Regel ratlos oder unsicher, weil wir etwas nicht verstanden oder nicht erkannt haben. Wenn jetzt aber jemand diese Hand für uns analysiert, dann zeigt er dort, in Ruhe, mit seiner Erfahrung und seinen Fähigkeiten, wie er die Sache angegangen wäre, welche Gedanken er sich gemacht hätte und welche Fragen er sich gestellt hätte. Daraus ziehen wir dann, was wir nicht erkannt haben und können es ab sofort in jeder Situation, nicht nur in der speziellen, anwenden und erleichtern uns damit das Spiel.
Das setzt aber voraus, dass wir uns auch intensiv mit dem ganzen Auseinandersetzen. Heißt wir überlegen uns vorher, warum wir eine Hand posten und erklären beim Posten am besten, wo unsere Schwierigkeiten waren, damit der Leser gleicht weiß, wo er ansetzen muss.
Posten wir nur eine Hand, von der wir auf einen Blick gesehen haben, dass sie schwer war, dann sind wir absolut nicht vorbereitet auf das, was kommt und bekommen vielleicht Informationen, die wir gar nicht benötigt hätten.
Und dann setzen wir uns mit dem Gesagten der Analysten auseinander. Wir stellen uns die Frage, warum wir nicht auf die Idee gekommen sind. Was stand dem im Weg? Ist es ein generelles Leak oder nur in dieser Situation entstanden? Oder ist die Analyse vielleicht in unseren Augen einfach nur grober Unfug?
Wenn wir das ganze mit einem „Ja, ab sofort werde ich es so spielen.“ einfach abhaken, verschenken wir eine Menge an Informationsgehalt, dass wir aus dem ganzen hätten ziehen können.
Und zu guter letzte stellen wir Fragen. Und käme sie uns noch so dämlich vor, wenn wir nicht verstanden haben, was jemand meint oder warum er es meint, dann nützt uns seine Meinung wenig, denn was wir nicht verstehen, können wir nicht anwenden und vergessen wir vermutlich bis zum nächsten Tage wieder. Und daran kann uns nicht gelegen sein.
Denn letztendlich sind die Warum-Fragen auch jene Fragen, die wir uns im Verlauf einer zu spielenden Hand stellen, wenn auch in abgewandelter Forum und unter anderen Voraussetzung. Ein weiterer Grund warum Hand Diskussionen so wichtig sind: Hier haben wir Zeit zu entwickeln, was am Tisch schnell gehen muss und irgendwann Routine sein sollte.
Es bleibt Zeit einen Gedankengang zu entwickeln und ihn zu Ende zu führen, bevor man am Tisch das ganze schneller wiederholt oder auf bereits gemachte Gedankengänge zurückgreift. Das ist die Basis schnellen Denkens und intuitiven Handels am Pokertisch.
Denn irgendwann erreicht man den Punkt, wo man sich die Fragen „Was hat villain?“, „Was mach‘ ich am Turn?“ und „Was passiert auf einer Blank?“ nicht mehr stellt.
Die Antworten springen einem in dem Kopf, sie wird zu einer zweiten Natur und fließt direkt in den Entscheidungsprozess mit ein. Das wiederrum lässt dann Zeit sich bei schwierigen Entscheidungen sich auf die wirklich wichtigen Fragen zu stürzen oder in anderen Situationen den kreativen Energien freien Lauf zu lassen und eventuell mal mit etwas aufzuwarten, was nicht Standard ist, aber in der entsprechenden Situation ziemlich sinnvoll.
Ein anderer Punkt, der über die falsche Denkweise Auskunft gibt, ist das Hängen an Theorien. Besonders populär, und das in jedem Pokerforum auf der ganzen Welt, dürfte wohl das Baluga Theorem sein. Poemmel hat es schonmal in einem Post () gut dargestellt, daher will ich jetzt nicht lange darauf eingehen.
Worauf ich aber eingehen will, dass nur weil Baluga, den ich sehr schätze als Pokermind, anno dazumal diese Theorie aufgestellt hat, heißt das noch lange nicht, dass wir bei jedem Turnraise gleich TPTK folden müssen. Die Zeiten in denen man einfach nur diesem Schema X folgen konnte und ohne Nachzudenken gefoldet hat, sind vorbei. Der Thread von Baluga () ist inzwischen über zwei Jahre alt und stammt aus einer Zeit in der NL1000 auf PartyPoker nicht stärker gewesen sein dürfte als NL100 oder NL200 auf PokerStars heute ist. Dementsprechend ist zu bezweifeln, dass diese Theorie heute noch zur Gänze taugt und ob sie wirklich noch mehr als ein Leitfaden ist.
Aber selbst vor einem oder zwei Jahre durfte man, trotz dem Baluga Theorem, das denken nicht ausstellen. Wenn euch ein 30/10/3 villain zum dritten Mal in Folge auf dem Turn raist, sollte man ernsthaft mal überlegen, ob TPGK nicht inzwischen reichen sollte, um hier Stacks in die Mitte zu bekommen, denn grundsätzlich sind sehr gute Hände wesentlich unwahrscheinlicher als schlechte Hände. Eigentlich ganz einfach

Ferner ist auch das Geschehen unter dem Aspekt Hand Reading nicht vernachlässigbar. Wenn ein solider, aggressiver villain euch auf einem superdrawy board, eventuell sogar multiway nur callt, dann aber auf einem blanken Turn über euren nächsten Bet shoved, wäre wieder der Zeitpunkt gekommen, sich zu überlegen, ob villain auf dem Flop wirklich jemals ein Monster slowspielt. Oft ist die Antwort nein und der Turn mit AA kein Fold, sondern ein Shove oder Call.
Und zu guter Letzt noch ein paar kurze Tipps, wie man trainieren kann, richtig und gut zu denken.
- Ein Tisch – nicht für lange, aber mal für ne halbe Stunde und einfach mal konkret nachdenken. Was ist villains Range? Was will ich erreichen? Wie erreiche ich es? Wirkt Wunder.
- Kreativität – einfach mal etwas machen, was man sonst nicht macht. Das schließt obv nicht ein jemanden mit 32o down zu callen, aber mal in Spots 3betten, die man sonst nicht 3bettet, oder mal in Spots floaten, die man sonst nicht floatet, kann eine ganze Menge bringen, egal ob der Spot +EV oder –EV ist, die Erkenntnis, die man daraus ziehen kann, ist defintiv +EV.
- Jedem, der die fundamentalen Fragen von Poker inzwischen verinnerlicht hat, sei die DC Serie Coaching Tree ans Herz gelegt. Nehmt euch Stift und Papier und zwei Stunden Zeit für eine Stunde Video. Wer danach kein besserer Spieler ist, sollte mit Poker aufhören oder High Stakes spielen.
Am Ende bin ich jetzt auf der fünften Seite angelangt und dachte, dass ich noch wesentlich mehr schreiben werde. Aber haste nicht gesehen, bin ich schon am Ende. Hatte ich nicht wirklich gedacht, aber nun gut. Ich hoffe, der Thread hat einigen was gebracht, das Potenzial hat er dazu. Und glaubt mir, an den Antworten solch eines Threads vermag man durchaus einzuschätzen ob jemand daraus gelernt hat oder nicht.
Und vielen Dank noch mal an vitti, der vor kurzem diese fünf Seiten in 5 Zeilen untergebracht hat

Last, but not least: Die Cliffnotes:
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